Das Internet macht das Leben in vielen Dingen einfacher: Bei kniffeligen Begriffserklärungen befrage ich Wikipedia, der Sommerurlaub wird online gebucht, die ehemalige Kollegin, die jetzt in Los Angeles wohnt, erhält keinen Brief per Schneckenpost, sondern eine Nachricht mit Foto auf ihrem Facebook-Account. Das World Wide Web vereint erfolgreich eine Vielzahl von klassischen Offline-Angeboten, indem es mich oft schnell und ohne dass ich das Haus verlassen muss zum Ziel führt. Gerade aus diesem Grund ist das Internet eigentlich prädestiniert für Menschen, die aufgrund eines Handicaps eingeschränkt mobil sind. Doch dafür müssen Webseiten barrierefrei gestaltet sein – und das sind auch im Jahr 2012 noch längst nicht alle Internet-Auftritte.
Um diese ungewollten Barrieren zu beseitigen hat das World Wide Web Consortium (W3C) eine Web Accessibility Initiative (WAI) gegründet. Von der WAI wurden dann wiederum die „Richtlinien für barrierefreie Webinhalte“ entwickelt. Ihre Forderung ist es, das Internet möglichst so zu gestalten, dass auch wirklich alle Menschen an dem Medium teilhaben können. Denn bereits aus einem kleinem Programmierfehler oder einem coolen Feature können für machen User unüberwindbare Hürden werden.
Inhaltsverzeichnis:
Woher kommt das Wort barrierefrei?
Leichter zu verstehen ist dies, wenn man sich den Ursprung des Begriffes „barrierefrei“ vor Augen führt. Er stammt aus dem Bauwesen und bezeichnet Zugänge von Gebäuden, die zum Beispiel für Rollstuhlfahrer ohne Mühen zu bewältigen sind. Was für den einen lediglich eine Stufe ist, kann für den anderen zum Ausschlusskriterium werden. Und dabei sind die Übergänge fließend und je nach Gehbehinderung leichter oder schwerer zu bewältigen.

Tatsächlich steckt das Internet voller Hindernisse für Menschen mit und ohne Behinderungen. Betrachten wir zunächst die Barrieren vor denen Menschen mit einem Handicap stehen. Obwohl gerade sie die großen Nutznießer des Internets sein könnten, da sie durch ihre Behinderung oft stärker an die Wohnung gebunden sind als andere, und ihnen die Freiheit des Internets das Leben eher erleichtern sollte, haben sie meist größere Probleme mit dem World Wide Web als Nichtbehinderte.
Hier einige Beispiele:
- Blinde Menschen erfassen einen Internetauftritt durch eine spezielle Software, die ihnen den Content vorliest oder in Brailleschrift übersetz. Schlecht strukturierte Seiten können so zu einem inhaltsleeren Durcheinander für sie werden.
- Personen mit Sehschwächen benötigen skalierbare Schriften und deutliche Kontraste auf dem Bildschirm, damit der Inhalt nicht zu einem unlesbaren Einheitsbrei verschwimmt.
- Für Menschen mit geistiger Behinderung oder kognitiven Einschränkungen können zu lange oder zu komplizierte Texte zum Verständnisproblem werden.
- User mit Spastiken, die keine Maus benutzen können, navigieren meist mit der Tabulatortaste von Link zu Link. Hier ist eine sinnvolle Reihenfolge der ansteuerbaren Elemente notwendig.
Tücken der Technik
Aber auch Nichtbehinderte stehen hin und wieder vor unnötigen Hürden bei der Nutzung mancher Internetseiten. Zum einen kommt dies vor, wenn der inhaltliche Content eines Online-Auftritts hinter einer grafischen Idee zurücktreten muss. So erinnere ich mich an eine Seite, auf der die Navigation versteckt war und jeweils nur wenige Sekunden sichtbar wurde.
Originelle Animationen oder multimediale Angebote, die nur mit bestimmten Zusatzprogrammen funktionieren, können eine Barriere darstellen, wenn man die passende Software nicht installiert hat oder aus Sicherheitsgründen nicht installieren will. Ein besonderes Beispiel sind die Apple Devices iPhone und iPad, auf denen prinzipiell kein Adobe Flash läuft. Obwohl dieses Programm in den letzten Jahren inflationär für verschiedenste Online-Elemente wie Filme, Navigation oder Animationen eingesetzt wurde, sind alle Seiten auf denen Flash-Content implementiert wurde, für diese Geräte nicht korrekt darstellbar.
Ein weiteres Problem ist es, dass jeder Browser die Quellcodes der Programmierer auf andere Weise umsetzt oder die Inhalte teilweise gar nicht richtig interpretieren kann. So kann ein Firefox-Nutzer vielleicht Dinge sehen, die dem User des Internet Explorers verborgen bleiben. Und entscheidend ist ebenfalls das verwendete Ausgabegerät, mit dem man surft. Ein 21“ Bildschirm stellt einen Internetauftritt anders dar als ein Smartphone oder ein Tablet-Computer.
Auch Google wird es danken
Wenn Du also einen eigenen Internetauftritt planst, solltest Du den Content Deiner Seite möglichst barrierefrei entwerfen. Schließlich wirst Du eine Menge Zeit oder Geld für die Gestaltung deiner Online-Visitenkarte investieren. Um ein möglichst breites Publikum zu erreichen, lohnt es sich, die Organisation der Seite auch auf den Aspekt der Barrierefreiheit zu erweitern. Das gilt im besonderen Maße für die Gestaltung eines Shops, der zusätzlich finanziell effektiv und deshalb für möglichst viele Kunden begehbar sein muss.
Deine Bemühungen für einen barrierefreien Internetauftritt kommen auch dem wichtigen Ranking bei den diversen Suchmaschinen zugute. Die zum Scannen der Seiten eingesetzten automatischen Programme (auch Robots genannt) haben eine ähnliche Sicht auf den Inhalt einer Homepage wie ein sehbehinderter Menschen. Sie können in erster Linie nur Text auswerten. Ihr Urteil über die Relevanz Deiner Internetseite sollte Grund genug sein, die Seite für sie so barrierefrei wie möglich zu gestalten.
Grundlegende Regeln zur Barrierefreiheit
Worauf musst Du also achten, um die oben angeführten Hürden so niedrig wie möglich zu halten? Es gibt einige grundlegende Regeln, die man bei der Planung und Umsetzung einer Internetseite befolgen sollte. Oberste Direktive ist die alte Weisheit: „Weniger ist oft mehr.“
- Denke bei der Gestaltung der Internetpräsenz stets an die Zielgruppe.
- Die Struktur der Seite muss logisch und leicht verständlich sein.
- Benutze HTML oder XHTML für den Inhalt und CSS für die Gestaltung der Seite.
- Verwende für die Strukturierung des Textes die vorgesehenen HTML Tags für Überschriften, Absätze oder ähnliches.
- Überlade die Seite nicht mit unnötigem Text- , Bild- oder Filmmaterial.
- Nutze den Alternativtext für grafisch-inhaltliche Elemente.
- Verzichte auf überflüssige Implemente aus Flash, JavaScript & Co.
- Verwende zur Strukturierung einzelner Seitenelemente Container statt Tabellen.
Hier findest Du mehr Informationen
Wie gesagt, dies sind nur die wichtigsten Grundregeln, die es zu beachten gilt. Und natürlich wird es einen absolut barrierefreien Internetauftritt nicht geben. Wer sich mit dem Thema noch intensiver beschäftigen möchte, kann das ohne Barrieren auf den folgenden Seiten tun:
Hier geht es zu den Richtlinien für barrierefreie Webinhalte in der deutschen Übersetzung.
Informationen zur deutschen Gesetzgebung hat die Aktion Mensch zusammengetragen.
Über Grundlagen und praktische Tipps informiert das Hessische Sozialministerium.
Eine ausführliche Informationsquelle mit vielen Querverweisen, auf der Du auch Buchtipps findest ist die Seite http://www.barrierefreies-webdesign.de.
Wir wünschen Euch viel Erfolg bei der Umsetzung und freuen uns über Euer Feedback auf unsere Tipps!