Blogger Relations heißt die aktuelle Wunderformel in vielen Unternehmen und Agenturen. Blogger werden inzwischen ebenso intensiv mit Pressemitteilungen versorgt wie Journalisten. Sie werden von Firmen zu Bloggerevents eingeladen, auf Pressereisen mitgenommen und für Kooperationen angefragt. Die meisten Blogger freuen sich über diese neuen Aufmerksamkeiten erst einmal. Das Problem ist aber: Die Unternehmen haben im Gegenzug natürlich auch Erwartungen an die Blogger. Und Blogger haben kaum Erfahrung damit, wie sie mit diesen Erwartungen umgehen sollen. In diesem Beitrag beleuchten wir deshalb, wie eine professionelle Zusammenarbeit von Bloggern und Unternehmen aussehen kann. Außerdem geben wir Tipps, wie Ihr Eure Unabhängigkeit bewahrt und Auseinandersetzungen vermeidet.
Inhaltsverzeichnis:
Blogger Relations: Wenig Erfahrung, noch weniger Regeln
Blogger sind erst seit Kurzem kein großes Thema in den Marketingabteilungen. Entsprechend fehlen auch auf der Seite der Profis Erfahrungen im Umgang mit Bloggern. Verbindliche Regelungen für Blogger Relations gibt es im deutschsprachigen Raum bisher nur in sehr wenigen Agenturen.
Anfang dieses Jahres stellte etwa die Hamburger Agentur Achtung ihren Blogger-Kodex vor. Oberste Maxime des Regelwerks sei Transparenz, heißt es bei den Verantwortlichen. Die Interessen aller Beteiligten müssten klar erkennbar sein. Außerdem legt der Kodex fest, dass gute Arbeit auch gut bezahlt werden muss, dass Blogs individuell behandelt werden und es immer klare Absprachen geben sollte.

Zudem gibt es auch einen von Bloggern selbst entwickelten Bloggerrelations-Kodex. Ein entsprechender Badge auf dem Blog signalisiert, dass ein Blogger nach diesen Regeln arbeitet. Der Kodex soll für Transparenz und Klarheit sorgen und im Laufe der Zeit noch erweitert werden.
Solche Regeln machen auch Bloggern das Leben leichter – sie wissen, was sie erwarten können und was von ihnen erwartet wird. Aber da die Blogger Relations bisher noch in den Kinderschuhen stecken, birgt die Zusammenarbeit mit Unternehmen und Agenturen derzeit noch viele Überraschungen, die für Blogger manchmal einfach nur ärgerlich, gelegentlich aber auch richtig unangenehm sein können.
Du hast Post…
Im sogenannten Presseverteiler der Marketingverantwortlichen standen früher nur Journalisten. Wer in dieser Adressenliste verzeichnet war, kam in den Genuss von Pressemitteilungen, Einladungen und gerne auch mal Telefonanrufen. Inzwischen erhalten auch viele Blogger regelmäßig Mails von Unternehmen und Agenturen. Und genau wie Journalisten machen sie die Erfahrung: Vieles davon kann direkt in den Papierkorb. Weil die Meldung an sich komplett uninteressant ist. Oder einfach nicht zum Thema des Blogs passt.
Solcher Pressemitteilungsspam an sich ist schon nervig, richtig anstrengend wird es aber erst, wenn die Absender auch noch bei einem anrufen und nachfragen, weshalb man nichts darüber schreibt. Fühlt Ihr Euch von einem Unternehmen genervt, solltet Ihr ein entsprechendes Feedback geben. Sagt höflich, aber bestimmt Bescheid, dass zum Beispiel das Thema oder die Produkte von Unternehmen XY für Euch nicht relevant sind und Ihr bitte aus dem Presseverteiler gestrichen werden möchtet.
Nichts zu verschenken
Klartext solltet Ihr auch mit Leuten sprechen, die Blogs offenbar noch immer als kostenlose Werbeplattform für ihre Produkte ansehen und erwarten, dass Ihr mit Freude deren PR-Texte möglichst unverändert auf Eure Seite übernehmt. Ein Blog ist viel Arbeit. Eine hohe Followerzahl aufzubauen erfordert den richtigen Riecher und jede Menge Disziplin.
Diese Leistungen solltet Ihr nicht einfach verschenken. Wenn die Dienstleitung oder das Produkt in der Pressemitteilung für Euch tatsächlich interessant ist, wendet Euch an das Unternehmen und versucht nachzuverhandeln: Macht einen Vorschlag, wie Ihr das Produkt kreativ auf Eurem Blog präsentieren könntet und welches Honorar Ihr dafür erwartet.
Seid Ihr bestechlich?

Wolfgang Zwanzger
Wimperntusche, teure Cremes, Skijacken, Digitalkameras, Designerkleider, Torten, Adventskalender: Manche Unternehmen sind unglaublich großzügig und versenden an ausgewählte Adressaten unaufgefordert die tollsten Produkte. Manche dieser „Geschenke“ liegen Pressemappen bei. Die Absicht dahinter ist dann klar: Das Produkt soll bitte den Lesern vorgestellt werden. Andere Zusendungen sind Aufmerksamkeiten, die für gute Stimmung sorgen sollen. In beiden Fällen wird versucht, Einfluss auf Euch und Eure Inhalte zu nehmen. Böse gesagt: Es ist eine nette Form der Bestechung.
In vielen Redaktionen gibt es deshalb schon seit Jahren klare Regelungen, wie mit Geschenken umgegangen wird. Abgesehen von Adventskalendern und Schoko-Osterhasen wird so gut wie alles zurückgeschickt – auch Produkte, die für Tests oder Fotoproduktionen verwendet wurden. Das hilft, die Objektivität zu bewahren und schützt vor Druck durch ein Unternehmen.
Blogger müssen individuell entscheiden, wie sie mit Zusendungen umgehen. Klar sind die Begehrlichkeiten gerade bei teuren Produkten hoch. Es muss Euch aber klar sein, dass die Unternehmen dafür Gegenleistungen in Form von möglichst positiven Berichten erwarten. Möchtet Ihr das nicht, schickt Ihr die Produkte am besten mit einem freundlichen Begleitschreiben zurück.
Damit Ihr nicht ständig zur Post rennen müsst, solltet Ihr auf Eurem Blog Eure Kooperationsregeln unmissverständlich benennen:
- Schreibt Ihr – bei Gefallen – über unaufgefordert zugesendete Produkte oder schließt Ihr das kategorisch aus?
- Haltet schwarz auf weiß fest, dass Ihr Euch von Zusendungen nicht beeinflussen lasst, Euch Eure Unabhängigkeit wichtig ist und Ihr durch unaufgeforderte Zusendungen nicht verpflichtet seid, einen (positiven) Blogartikel darüber zu schreiben.
Beschwert sich dann ein Unternehmen bei Euch, dass es Euch etwas geschickt hat, Ihr aber nicht oder nicht in der gewünschten Form darüber berichtet habt, könnt Ihr einfach auf Eure Regeln verweisen und müsst Euch nicht lange herumärgern.
Das gilt übrigens nicht nur für zugesendete Geschenke und Informationen, sondern auch für Einladungen aller Art. Ein Beispiel: Ihr seid zu einem Blogger-Event eingeladen, das sich super anhört. Vor Ort entpuppt sich das Event aber leider als öde Veranstaltung, die für Eure Zielgruppe null interessant ist. Ihr solltet solche Events nicht leise grummelnd verlassen, sondern dem Veranstalter freundlich und offen sagen, warum es für Euch nicht interessant war und dass Ihr über das Event nichts schreiben werdet. Verkauft auf keinen Fall Eure Unabhängigkeit für ein Gratis-Abendessen und eine Goodie-Bag – denkt immer an den Mehrwert für Eure Leser und an Eure ehrliche Meinung, die Euch mehr Wert sein sollte!
Genaue Absprachen treffen
Wenn Ihr zu Kooperationen bereit seid, sind klare Absprachen ebenfalls das A&O einer reibungslosen Zusammenarbeit. Festlegen solltet Ihr unter anderem:
- Euer Honorar beziehungsweise die Gegenleistung, die Ihr erhaltet.
- Den Umfang Eurer Beiträge (wie oft postet Ihr über das Produkt oder einen bestimmten Inhalt? Wie lang sind die Beiträge? Wie viele Fotos veröffentlicht Ihr?).
- Wie stark darf Euer Auftraggeber bei Euren Beiträgen mitreden? Darf er Änderungen verlangen oder bestimmt alleine Ihr über den Inhalt, den Stil und die Tendenz?
- Dürft Ihr zugesendete Produkte/Testprodukte behalten oder müsst Ihr sie wieder zurückschicken?
- Bei Gewinnspielen: Wer übernimmt die Kosten, die dabei entstehen? (Versand, eventuelle Steuern).
Vielen Unternehmen ist es am liebsten, wenn sie auf Blogs Beiträge platzieren können, die nicht als Werbung oder PR zu erkennen sind. In Eurem eigenen Interesse solltet Ihr auf solche Artikel aber verzichten. Denn damit verkauft Ihr Eure Leser für dumm. Ich selbst habe gerade zum Beispiel einen Blog aus meiner Leseliste entfernt, dessen Autorin plötzlich die tollsten Reise macht, auf allen Kanälen enthusiastisch darüber postet, aber nicht den kleinsten Hinweis darauf gibt, dass sie zu diesen Reisen von Tourismusverbänden oder Reiseveanstaltern eingeladen wurde. Wenn etwas Werbung ist, möchte ich das auch eindeutig erkennen können.
Test-Produkte: Verschenken ja, verkaufen nein
Kurz vor Schluss noch ein No-Go: Es gibt immer wieder Blogger, die zugesendete Produkte im Internet verkaufen, um über diesen Weg Profit mit ihrem Blog zu machen. Mal abgesehen davon, dass es ein ungeschriebenes Bloggergesetz ist, solche Samples nicht weiterzuverkaufen, kann so ein Verhalten auch zu Ärger mit Unternehmen führen. Keine Firma sieht es gerne, wenn (hochwertige) Produkte, die vielleicht noch gar nicht auf dem Markt sind, im Netz zu Schleuderpreisen verkauft werden. Wer etwas wieder loswerden möchte: Verschenkt es doch einfach, dagegen kann niemand etwas sagen.
Und: Wesentlicher Teil einer professionellen Arbeitsbeziehung ist Zuverlässigkeit. Wenn Ihr bei einem Unternehmen gezielt nach einem Produkt fragt – etwa für einen Test oder eine Fotoproduktion – seid Ihr in der Pflicht. Entweder Ihr macht einen Beitrag darüber oder Ihr informiert das Unternehmen, dass es doch nicht geklappt hat (und schickt das Produkt natürlich zurück). Nichts mehr von sich hören zu lassen, macht einen unglaublich schlechten Eindruck und fällt leider nicht nur auf denjenigen zurück, der sich daneben benommen hat, sondern auf die gesamte Bloggerszene.
Noch ein Tipp zum Schluss: Denkt bei allen Kooperationen daran, dass Euer Blog aus rechtlicher Sicht vom Hobby zu einer Erwerbstätigkeit wird. Deshalb müsst Ihr für alle Einnahmen Steuern zahlen und unter Umständen noch weitere Regelungen beachten. Nützliche Informationen dazu findet Ihr unter anderem auf dem weblog-abc.