Mach mal Urlaub!

Wer als Angestellter in den Urlaub geht, hat zwar auch oft vor und nach den Ferien zusätzlichen Stress mit der Vor- beziehungsweise Nachbereitung. Aber immerhin hat er die Gewissheit, dass während der eigenen Abwesenheit die Kollegen da sind und einspringen, wenn es wirklich brennt. Viele Selbstständige müssen ohne diese Sicherheit auskommen, weil sie als Einzelkämpfer unterwegs sind und niemand sie vertritt. Dazu kommt, dass während des Urlaubs natürlich keine Aufträge erledigt werden können. Sprich: Freie Tage reißen schnell ein Loch in die Kasse. Vielen Selbstständigen fällt es deshalb schwer, eine Auszeit zu nehmen – doch die ist unersetzlich, um fit zu bleiben.

Gerade in der Anfangszeit bedeutet Selbstständigkeit eine enorm hohe Belastung. Da sind auf der einen Seite die meistens sehr, sehr langen Arbeitszeiten. Feierabend und Wochenende? Bei den meisten Gründern Fehlanzeige. Selbstständigkeit bedeutet erst einmal ständig zu arbeiten, um das Geschäft ins Laufen zu bringen. Dazu kommt die nervliche Belastung: Funktioniert meine Idee wirklich? Ab wann werde ich davon gut leben können? Urlaub ist in dieser Phase ganz weit weg. Doch sobald sich alles etwas stabilisiert hat, sind Ferien ein Muss – und mit ein wenig Organisation auch durchaus möglich.

Urlaub ist Gesetz

Urlaub ist ein Luxus? Von wegen. In Deutschland ist er – zumindest für Angestellte – sogar gesetzlich vorgeschrieben. Geregelt ist das im Bundesurlaubsgesetz (BurlG). Mindestens 24 Tage Ferien pro Jahr sind da jedem Arbeitnehmer garantiert. Der Gesetzgeber hat also erkannt: Jeder Arbeitnehmer braucht Erholung, um leistungsfähig zu bleiben. Urlaub ist also auch im Interesse des Chefs.

Als Selbstständiger bist Du Dein eigener Chef – und bist darauf angewiesen, immer die optimale Leistung abliefern zu können. Als guter Chef solltest Du Dir deshalb auf jeden Fall regelmäßig freigeben. Mal ein paar Tage, aber mindestens einmal im Jahr auch für einen längeren Zeitraum.

Zu Beginn des Urlaubs ist der Erholungseffekt am größten, sagt Professor Thomas Rigotti, Arbeits- und Organisationspsychologe an der Universität Leipzig. Gleichzeitig sei es aber schwer, nicht an das Ende des Urlaubs zu denken. Das gelinge natürlich besser, je länger der Urlaub ist. Der Experte empfiehlt deshalb eine jährliche Auszeit  von mindestens zwei bis drei Arbeitswochen plus mehrere kürzere Pausen.

Frühzeitig mit der Urlaubsplanung beginnen

Alles wächst einem über den Kopf, man bringt Sachen durcheinander oder vergisst sie ganz – das sind absolute Alarmzeichen. Wer sich völlig erschöpft fühlt, sollte eigentlich schon längst im Urlaub sein und nicht erst anfangen, darüber nachzudenken. Eine frühzeitige Planung macht Selbstständigen die Organisation ihres Urlaubs auch wesentlich einfacher und erhöht die Vorfreude enorm. Bedacht werden sollten dabei vor allem diese Punkte:

  • Welcher Zeitpunkt ist optimal für meinen Urlaub?
  • Kann ich mir eine gute Vertretung organisieren?
  • Welche Notfalllösungen kann ich bieten?
  • Wie kommuniziere ich Kunden gegenüber meinen Urlaub?

Wann passt es?

Wann der beste Zeitpunkt ist, um in den Urlaub zu gehen, kann Dir letztendlich nur Deine eigene Erfahrung zeigen. Aber bei so gut wie jedem Selbstständigen gibt es Zeiten im Jahr, in denen weniger los ist als sonst. Und diese Zeiten sind dann natürlich besonders gut für einen Urlaub geeignet.

Wer sich etwa demnächst über Weihnachten und Silvester für zwei Woche ausklinkt, wird arbeitstechnisch bestimmt nicht allzuviel verpassen. Häufig ist es auch in den Sommermonaten etwas ruhiger. Aber das ist natürlich von Branche zu Branche verschieden.

Wer kann mich vertreten?

In der Regel versucht man natürlich, alles Wichtige und Planbare vor dem Urlaub abzuarbeiten. Aber es gibt auch Aufträge, die lassen sich nicht Wochen vorher abwickeln – etwa die tägliche Betreuung einer Facebook-Seite oder eines Forums. Dazu kommen noch spontane Anfragen von Kunden oder plötzliche Neuaufträge. Klar kann man das am Urlaubsort per Laptop oder Smartphone lösen. Der Erholung ist das aber nur bedingt zuträglich.

Entspannter ist es definitiv mit einer zuverlässigen Vertretung. Die könnt Ihr garantiert in Eurem Netzwerk finden. Meistens klappt es jedoch nicht auf Anhieb. Und auf jeden Fall solltet ihr im Vorfeld schon einmal gemeinsam testweise Projekte abgewickelt haben. So kannst Du sehen, ob es mit der Zusammenarbeit funktioniert und ob die gelieferte Arbeit Deinem Niveau entspricht. 100 Prozent wird es vermutlich nie passen – aber nur, weil es jemand anders macht, muss es nicht unbedingt schlechter sein.

Wie sage ich es dem Kunden?

Auch hier gilt: Sag rechtzeitig Bescheid, dass Du in den Urlaub gehst. Gib genau an, von wann bis wann Du weg bist. Auftraggeber können sich dann danach richten und Dir wichtige Arbeiten vorher übertragen. Kommuniziere auch ganz klar, ob Du im Urlaub für Notfälle erreichbar bist oder nicht beziehungsweise ob es feste Zeiten gibt, in denen Du Mails checkst oder das Telefon angeschaltet hast. Hast Du einen Vertretung engagiert, musst Du natürlich deren Kontaktdaten nennen und sie den Auftraggebern vorstellen.

Was passiert im Notfall?

Selbst die beste Vertretung hilft in wirklich schwierigen Fällen kaum weiter. Da musst Du als Selbstständiger selber ran. Gleiches gilt bei Aufträgen, die eigentlich vor dem Urlaub erledigt waren, bei denen jetzt aber doch noch nachgebessert werden muss. Deshalb brauchst Du einen Plan B.

Dazu gehört zum Beispiel vorab die Recherche, ob Du in Deinem Urlaubsdomizil eine gut funktionierende Internet- und Telefonverbindung hast. Hört sich nach einer Selbstverständlichkeit an. Aber wer zum Beispiel auf einem Bergbauernhof in einem abgelegenen Tal Ferien macht, könnte durchaus in einem Funkloch landen. In solchen Fällen ist es gut zu wissen, wo sich die nächstgelegene Internetmöglichkeit findet. Dann kann man etwa einen festen Termin nennen, an dem man erreichbar sein wird.

Vor dem Urlaub solltest Du außerdem die Abwesenheitsnotiz in Deinem Mailsystem einstellen und den Anrufbeantworter entsprechend betexten. Vielleicht kommt für Dich ja auch ein externer Sekretariatsservice in Frage. Der kostet nicht die Welt, kann Dich aber enorm entlasten, weil Dir keine wichtigen Anrufe entgehen, selbst wenn Du am Ende der Welt auf einem Gipfel herumkletterst…

Ultimative Erholungs-Tipps für Selbstständige

Je besser die Vorbereitung, desto entspannter können Selbstständige in den Urlaub fahren.
Kofferpacken in letzter Minute? Das bringt zusätzlichen Stress – kurz vor dem Urlaubsstart ist ohnehin immer noch wahnsinnig viel zu erledigen.

Zum Schluss noch ein paar Tipps, wie das Abschalten leichter gelingt:

  • Das Flugzeug startet am frühen Montagmorgen? Dann plane den Donnerstag vorher als letzten richtigen Arbeitstag ein. Vor dem Urlaubsstart ballt sich erfahrungsgemäß noch einmal die Arbeit. Wer sich keinen Puffer einbaut, steigt deshalb garantiert mit schwarzen Augenringen in den Flieger, weil er noch um drei Uhr nachts zwischen halbgepackten Koffern den letzten Auftrag abgewickelt hat.
  • Nimm Dir den ersten Arbeitstag nach dem Urlaub als langsamen Wiedereinstieg. Kümmere Dich erst einmal um Routineaufgaben wie Ablage, Rechnungen, Mails bearbeiten und stürz Dich nicht gleich wieder in den üblichen Stress.
  • Sollen Smartphones und Laptops mit in den Urlaub? Experten sagen gerne nein. Meiner Erfahrung nach ist das jedoch unrealistisch. Mich beunruhigt es eher, wenn ich von allem abgeschnitten bin. Gut ist es aber, sich zunächst ganz bewusst eine Erholungsphase zu setzen und in den ersten Urlaubstagen keine Mails zu checken. Denn wie gesagt: Am größten ist der Erholungseffekt in den ersten vier Urlaubstagen!
  • Fachliteratur und Online-Fortbildungen sind toll – aber nicht im Urlaub. Ins Urlaubsgepäck passen wesentlich besser Krimis, Romane oder Reiseführer.
  • Ein langer Urlaub ist vergleichsweise aufwendig zu organisieren und gerade in den Anfangszeiten der Selbstständigkeit oft schwierig. Die Alternative sind öfter mal lange Wochenenden oder einfach mal ein freier Tag zwischendurch. Du bist der Chef – und als der solltest Du Dich viel häufiger mal zum Kaffeetrinken, Schwimmen oder ins Museum schicken. Das schafft den Abstand zur Arbeit, den jeder zwischendurch mal braucht!